So sehr ich Tricky mag, muss ich doch feststellen, dass er anscheinend mit seinem Solo-Debüt “Maxinquaye” bereits seinen künstlerischen Karrierehöhepunkt erreicht hatte. Das 1995 erklommene Niveau erreichte bislang keines seiner weiteren Alben. “Mixed race” ist nunmehr der achte Versuch seit dem starken Beginn seiner Karriere.
Wirklich verstehen kann man Tricky vermutlich nur als diesbezüglich vorbelasteter Brite. Auf der Insel existiert eine ganz eigene und prägende Dancemusic-Szene und sich an der Hautfarbe entladene Rassenkonflikte kennen wir nach meiner Wahrnehmung in Deutschland auch nicht in der dort gelebten Intensität. Aber selbst ein Deutscher Hörer des Albums wird merken, dass der Titel “Mixed race” durchaus auf die Musik bezogen werden kann.
Tricky bedient sich mal wieder vieler Zutaten:
Doch obwohl mein Kuchendiagramm außergewöhnlich viele Grüntöne zeigt, wirkt das Album keinesfalls “zerfahren” oder überladen. Es ist sogar merklich hörbarer und eingängiger als die letzten Veröffentlichungen des Mannes aus Bristol und ein guter Kompromiss zwischen Trip Hop und Dancemusic.
Die Sängerin Franky Riley darf mit ihrem Gesang viele der Songs prägen. Als männliche Gegenpole gibt sich ab und zu der Meister selbst die Ehre. Hakim Hamadouche und Bobby Gillespie (!) erfüllen mit ihren Beiträgen den gleichen Zweck.
Der kleinste gemeinsame Nenner des Albums sind Beats welche enorm viel Energie in sich bergen. Manchmal geben sie diese gerne und freizügig ab, was in treibenden Songs wie “UK Jamaican” und “Bristol to London” resultiert. Das sind auch meine aktuellen Lieblingssongs auf “Mixed race”. Andere Songs (z. B. “Really real” und “Every day”) erreichen gerade durch homöopathische Dosierung der Energie ebenfalls ihre Wirkung beim geneigten Hörer.
Mit der Verwendung des “Peter Gunn theme” dürfte “Murder weapon” am ehesten Breitenwirkung erzielen:
“Mixed race” ist vielleicht Trickys bestes Album seit “Maxinquaye”. Aber da diese Attribut schon an einige der Versuche zwei bis sieben verliehen wurde, halte ich mich mit meinem Urteil noch etwas zurück. Sowohl Trip Hop-Möger als auch Dancemusic-Fans mit etwas Offenheit für Musik, die auch auf dem Weg zur Tanzfläche funktioniert sollten sich ihre Meinung zu Trickys jüngstem Wurf bilden.
In Zeiten knapper Ressourcen halte ich die Verwendung einer kompletten CD für einen “Inhalt” von knapp 30 Minuten für nicht angebracht. Daher erhält dieses Album von mir nicht den “grünen Engel”.
Hier gibt es aktuell das Album als Stream.