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Montag, 17. Januar 2011

Musik: Brian Eno - Small craft on a milk sea

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Das Instrumental-Album des Jahres 2010?

Wenn ein Künstler den Ausdruck “Ambientlegend” als Myspace-Adresse verwendet, könnte man dessen Werke je nach persönlicher Vorliebe direkt als “langweilig” abtun. Natürlich ist es nachvollziehbar, dass der Mensch hinter diesem Alias nicht seinen kompletten Namen “Brian Peter George St. John le Baptiste de la Salle Eno” verwenden möchte, aber Brian Eno hätte es aus meiner Sicht auch getan.

Bei Brian Eno denkt man sicher nicht nur an “Ambient”. Begann er seine Karriere doch bei Roxy Music um später mit Künstlern wie David Bowie, Talking Heads, U2, Coldplay, Depeche Mode u. v. a. m. zu arbeiten. Selbst Apple-Jünger dürften häufig seiner Windows 95-Startmelodie gelauscht haben.

Seit 1973 hat Eno neben solchen Beteiligungen verschiedenster Form auch mehr als 20 Solo-Alben veröffentlicht. Diese Zahl wuchs durch die Veröffentlichung von “Small craft on a milk sea” im November 2010 weiter an. Grundsätzlich kann man von Enos Namen allein nicht ableiten, wie das Werk tatsächlich klingt. Brian Eno hat einfach schon auf sehr vielen Hochzeiten getanzt und dabei immer mal wieder ein paar zu dem jeweiligen Zeitpunkt bahnrechende oder zumindest –ebnende Neuerung aus dem Hut gezaubert.

“Small craft on a milk sea” ist ein Instrumental-Album, aber es geht auf diesem nicht so ruhig und beschaulich zu, wie es das Cover vermuten lassen könnte. Eine zusätzliche Gewitterwolke mit Blitz und peitschender Regen würden der Sache näher kommen.

Das Album entstand in zweiwöchiger Improvisation zusammen mit dem englischen Electronica- und Dance-Musiker Jon Hopkins (der auch schon mit Eno gemeinsam an Coldplays “Viva la Vida or Death and All His Friends” gearbeitet hat und ansonsten u. a. Tunng unterstützte) und dem Gitarren-Künstler Leo Abrahams (u. a. Zusammenarbeit mit Paul Simon und Florence & The Machine und Produzent des Smoke Fairies-Albums). Dort wird auf sieben Clips verlinkt und man kann sich ansehen, wie eine solche Zusammenarbeit der drei Tüftler verlaufen kann.

Möchte man sich mit dem Album befassen, helfen nur zaghafte Melodielinien und rare aber packende Rhythmen bei der Orientierung. Zwei Drittel der Songs ordne ich dem recht behäbigen Ambient-Lager zu, während fünf Songs vor allem dank der stellenweise treibenden Rhythmen für Bewegungsstimmung sorgen und eigentlich in das Set einer Techno-Party in einer stillgelegten Fabrikhalle gehören. Letztere sind auch meine Lieblinge auf “Small craft on a milk sea”. Unter diesem Aspekt beginnt das Album eigentlich erst mit dem vierten Song “Flint march”. Mein Lieblingssong ist “2 forms of anger”.

Wirkliche revolutionäre Ideen finde ich auf "Small craft on a milk sea” nicht, aber schon lange hat mich kein Instrumental-Album mehr so gut unterhalten.  Freunden elektronischer Musik dürfte es ähnlich gehen.

“Small craft on a milk sea” ist:

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