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Dienstag, 22. Februar 2011

Buch: Don Winslow - The power of the dog

cover 

Der mexikanische Drogenkrieg schien mir ein spannendes Thema, daher wählte ich “The power of the dog” als Lektüre. Die Tatsache, dass der Autor fast sechs Jahre Recherchearbeit investiert hatte und die Vermutung, dass der daraus resultierende Roman entsprechende Ankerpunkte in der Realität aufwies, deuteten auf Leseunterhaltung nach meinem Geschmack hin. Doch als ich während der Lektüre eine Meldung las, dass 2010 ca. 15.000 Menschen im mexikanischen Drogenkrieg getötet wurden, bekam die Erzählung eine noch tiefere Bedeutung.

Don Winslow beschreibt über einen Zeitraum von fast 30 Jahren die Auswüchse des Drogenhandels anhand diverser Handlungsstränge. Den Rahmen bildet der Konflikt zwischen dem DEA-Agenten Art Keller und den Brüdern des Barrera Clans. Diese verdingen sich als “Drogenspediteure”. Doch nicht nur diese Tätigkeit lässt sie als “natürliche Feinde” zu Kellers Zielscheibe werden. Im Laufe des Konflikt findet Keller genug Gründe, eine private Vendetta zu veranstalten.

Dieser Rahmen macht die Geschichte für den Leser greifbar und weitgehend nachvollziehbar. Die persönlichen Motivationen werden in “The power of the dog” mit größeren Brocken verknüpft. Gab es doch tatsächlich die im Buch erwähnte “Operation Condor” (eine gemeinsame Bestrebung diverser südamerikanischer Länder und der USA, marxistischen Bewegungen entgegenzutreten) und natürlich den “War on drugs”. So lernt man nebenher noch etwas über Geschichte. Man weiß ja nie, in welcher Rateshow solches Wissen mal hilfreich sein wird.

Die Handlung von “The power of the dog” umfasst fast die gesamte Drogenlieferkette. Da geht es um Kontakte zu den Produzenten und um die Vernichtung der Anbaufelder, um den Schmuggel durch Mexiko in die USA und um die  New Yorker Mafia, die bei dem Geschäft auch verdienen möchte. Entsprechend viele Personen hat sich der Leser im Verlaufe der Handlung zu merken. So grausam einige der Morde sind, so willkommen ist manchmal das Ergebnis: Ein zu merkender Name fällt weg… Mit den teilweise langwierig angelegten Intrigen und Rachefeldzügen hat man immer noch genug Fäden, die in der Hand gehalten werden wollen. Definitionen von “gut” und “böse” werden im Verlauf der Handlung immer mal wieder auf die Probe gestellt. Die tatsächlichen Konstanten sind Art Keller und der Barrera-Klan. Trotz aller Brutalität bleibt genug Raum für die Schilderung dieser Persönlichkeiten.

Seit Herbst letzten Jahres ist das Buch auch als deutsche Übersetzung erhältlich. Ich empfehle jedoch die Originalversion… besonders die grausamen Sequenzen möchte man gar nicht in seiner Muttersprache lesen.

Wer auf Kriminalromane mit Bezug zu tatsächlichen kriminellen Machenschaften steht und nicht vor Brutalität zurückschreckt, kann sich dieses gut 500 Seiten starke Epos bedenkenlos eine Weile neben sein Bett legen. Neben Leseunterhaltung (den Ausdruck “Lesespaß” möchte ich in dem Zusammenhang nicht verwenden) brachte “The power of the dog” mir vor allem eine Erkenntnis: Auf eine Beendigung des Drogenkriegs in Südamerika wird man die nächsten Jahrzehnte wohl kaum hoffen können.