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Dienstag, 6. August 2019

Festival: A Summer's Tale 2019 - Tag 2


Lüneburg habe ich schon vor mehr als 15 Jahren als sehr schön und besuchenswert befunden, daher standen auch bei diesem Aufenthalt einige Runden durch die Stadt an. Es ist zwar erschreckend, welche Auswirkungen eine anscheinend erfolgreiche TV-Serie auf eine Stadt haben kann, aber dem grundsätzlichen Flair der Stadt tut dieses Tatsache nur wenig Abbruch.

Vom Papier her war der zweite Festivaltag musikalisch mittelprächtig. Für Fury In The Slaughterhouse hatte ich bereits letztes Jahr ein sehr altes T-Shirt aus "Hooka Hey"-Zeiten herausgekramt. Dieses Jahr traten die beiden Wingenfelder-Brüder auf. Unter ihrem Familiennamen stehen sie für unterschätzte Musik mit deutschen Texten. Kai gab sich gewohnt politisch. Die Songs und der Auftritt überzeugten. Mit Fury In The Slaughterhouse waren die beiden am Vortag in Wacken als "Die Beschissenen Sechs" aufgetreten. Doch ihre Kondition reichte offensichtlich locker für diesen Gig am Nachmittag. Der Gitarrist wurde kurzfristig von Daniel Wirtz "ausgeliehen" und bewies ebenfalls Klasse. 


Besonders nachdrücklich wirkte der Song "Bis nach Berlin"... und Kais Ausflug ins Publikum, den im Verlauf des Festivals auch noch ein anderer Sänger nahm...

Kurzfristig fiel Dermot Kennedy aus. Doch mit Kettcar konnte mehr als vollwertiger Ersatz beschafft werden. Die Hamburger standen zwar ebenfalls bereits letztes Jahr auf dieser Bühne, aber wie der gut aufgelegte Reimer Bustorff feststellte: Jährlich ist eine gute Frequenz für Auftritte der Band bei diesem Festival. ;-) Das Heimspiel meisterte die Band erwartungsgemäß souverän. 


Tina Dico hatte ich bislang als dänische Sängerin mäßig spannender Songs und als Helgi Jóhnssons Frau wahrgenommen. Live entpuppte sie sich aber als wahres Energiebündel. Die Songs wurden im Vergleich zu den Studioaufnahmen etwas rockiger dargeboten, was der Atmosphäre angemessen war. Und Helgi war auch dabei.

Enno Bunger hatte ich bereits 2014 im Rahmen eines Wohnzimmerkonzerts erlebt. Seitdem hat er u. a. den Song "Renn!" veröffentlicht, der für mich der Höhepunkts seines Auftritts bei A Summer's Tale war. Ansonsten fiel mir vor allem seine Vielseitigkeit auf. Zwischen "Renn!" und den neuen Song "Konfetti" passen Welten.

Wirklich gespannt war ich auf Maxïmo Parks Auftritt. Über die Jahre hat die Band schon viele starke Songs fabriziert und konnte so für das einstündige Set aus dem Vollen schöpfen. Paul Smith' Bewegungsdrang war nicht überraschend und vermutlich auch nur in wenigen Momenten spontan. Aber wenn stört das, wenn Songs wie "Books from boxes" und "Apply some pressure" erklingen?

Einen tollen Job machte Jemma Freese, die erst seit Anfang des Jahres den Platz am Keyboard eingenommen hat.


Ein Festival bietet immer die Möglichkeit, Vorurteile gegenüber Musikern und Band zu überprüfen. Joan As A Police Woman konnte mich mir ihren Alben bislang nie überzeugen. Live konnte sie mich gar mit nur drei Songs vertreiben....

... so dass ich mich noch intensiver auf den Höhepunkt des Tages freuen konnte: Suede. Ich hatte schon häufig gehört, dass Suede-Konzerte sehenswert sind. Doch meine kühnsten Erwartungen wurden übertroffen. Schon mit der Atmosphäre des Openers "As one" zog die Band das Publikum in ihren Bann.


Und was Brett Anderson danach über 90 Minuten ablieferte war atemberaubend. Er forderte von sich und auch vom Publikum die volle Leistung ab. Ich denke mit "der Jürgen Klopp unter den Frontmännern" werde ich seinem Anspruch und seiner Wirkung gerecht. Schreiend, kniend, liegend, springend. Auf der Bühne, vor der Bühne und (wie Kai Wingenfelder, s. o.) im Publikum.... man musste ständig mit allem rechnen.


Ja, unscharf. Aber fotografier' mal einen wilden Hamster... ;-)

Nur bei der akustischen Version von "The wild ones" konnten Anderson und das Publikum etwas Luft holen.

Dieser Auftritt war eines der intensivsten Konzerte, welches ich seit langer Zeit erlebt habe und ein würdiger Abschluss des Festivalstags.