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Donnerstag, 15. Februar 2018

Konzert: Einar Stray Orchestra im Roxy in Ulm, 14.02.2018


Es ist doch immer wieder schön, wenn sich "bekanntere" Musiker nach Ulm verirren. Einar Stray und sein Orchester hatten zwei Tage zuvor in der ausverkauften Elbphilharmonie und am Vortag im ebenfalls ansehnlichen Funkhaus in Berlin gespielt. Danach war ein Auftritt im Café des Ulmer Roxys vermutlich ein kleiner Kulturschock. Durch eine gepflegte Atmosphäre dämpfte die Location und das Publikum diesen aber hoffentlich ab. 

Eröffnet wurde der Abend um 20 Uhr von BRTHR aus Stuttgart. Schwaben sind anscheinend sogar mit Vokalen sparsam. Die Musiker lieferten ein sehr entspanntes Set über 40 Minuten ab. Die als "schnell" angekündigten Songs konnten mich und große Teile des Publikum eher zur Bewegung animieren als die sehr langsamen Titel. Die Pedal Steel Gitarre (oder so) war nicht bei allen Titeln im Einsatz, sie passte aber gut zum Country-/Americana-Flair des Duos. 


Kurz vor neun Uhr betraten dann die fünf Musiker des Einar Stray Orchestras die Bühne im mäßig gefüllten Roxy. Mit dem 10-minütigem Instrumental "Teppet faller" von Einar Strays (damals noch ohne "Orchestra") Debütalbum wurde direkt zu Beginn die Stimmung geschaffen für das Set. Die Band besteht offensichtlich auf virtuosen Musikenthusiasten. Das merkte man den Songs und vor allem den Musikern während jedes Moments an. Die Stamm-Geigerin würde übrigens von einer Ersatz-Geigerin vertreten, die sowohl gesanglich als auch am Instrument zumindest mich überzeugte. 

"As far as I concerned" als flotterer Titel brachte dann auch beschwingte Stimmung ins Publikum. Es war immer wieder erstaunlich, welche Töne die Streicherfraktion ihren Instrumente entlockte, so z. B. auch bei "Thrasmymachus". Als weiterer Höhepunkt entpuppte sich "Synthesis". So sehr locker-indiepoppig einige der Songs auch klingen, Texte wie "I love this town, let's burn it down" oder "Bullets in the bellies of our babies" geben diesen dann doch auch noch eine "Unterschwingung" mit. Letztere Zeile stammt übrigens aus "For the country", welches komplett a capella vorgetragen wurde. 


Knapp die Hälfte der dargebotenen Songs stammte vom aktuellen Album "Dear bigotry". Dieses wurde laut Strays Aussage von arabischer Folk Musik beeinflusst. "Dear bigotry" ist eines meiner Lieblingsalben des letzten Jahres, aber auf die Idee war ich trotz vieler Durchläufe nicht gekommen. 


Der folgende Titel "Teargas plateglass" wurde dem kürzlich verstorbenen Jóhann Jóhannsson gewidmet. Anschließend stimmte die Band die aktuelle Single "Primitive" an. Üblicherweise agierte Stray am Piano oder an (oder unter) der Gitarre. 


Für "Primitive" ging er dann nur mit dem Mikro bewaffnet sogar für einen kleinen Tanz ins Publikum. Mit "Honey" folgte ein weiterer Höhepunkt. Gerade in diesem Titel zelebrierte die Band die anspruchsvollen Tempowechsel, für die ich sie so gerne mag. 


Im Zugabenteil brachte mich "Glossolalia" in Hochstimmung, bevor die Band nach 90 Minuten mit dem Hit "Penny for your thoughts" noch einmal reichlich Bewegung ins Publikum zauberte. An einem Aschermittwoch ist das als besondere Leistung zu würdigen. 

Nette Beobachtung am Rande: Außer dem Bassisten trug keiner der Musiker Schuhe. Hier die Fußbekleidung der Streicher-Abteilung:




Die Setlist:
  • Teppet Faller
  • Last Lie
  • As Far As I'm concerned
  • Pocket full of holes
  • Thrasmymachus
  • Caravelle
  • Synthesis
  • Montreal
  • Somersaulting
  • For the country
  • Teargas plateglass
  • Primitive
  • Honey
  • Caressed
Zugaben:
  • Seen you sin
  • Glossolalia
  • Penny for your thoughts