Nitin Sawhney ist ein vielseitiger Künstler, der im UK spätestens mit seiner Mercury Prize Nominierung im Jahr 1999 einen gewissen Bekanntheitsgrad erreichte. Durch seine vielseitigen Ambitionen sind wahrscheinlich fast jedem Bewohner der Insel einige seiner Klänge zu Ohren gekommen. Seine Website fasst seine Tätigkeitsfelder kurz zusammen:
Firmly established as a world-class producer, songwriter, DJ, multi-instrumentalist, orchestral composer, and cultural pioneer, Sawhney has become a latter-day Renaissance man in the worlds of music, film, videogames, dance and theatre.
"London Undersound" ist bereits sein achtes Solo-Album, in unseren Breitengraden ist Nitin Sawhney aber weitgehend unbekannt. Er liefert die Musik, den Gesang müssen andere beisteuern. Nicht selten machen erste die Gäste ein solches Album interessant. Die Zeit führt diese auf:
»Ich liebe London«, sagt Sawhney, »das vielfältige London. Das, was London sein kann.« Dieses London feiert er, indem er auf seinem Album viele verschiedene Stimmen versammelt. Natty, den Sänger mit der Mutter aus Lesotho und dem englischen Vater. Anoushka Shankar, Tochter des berühmten Ravi und Halbschwester von Norah Jones. Imogen Heap, die Sängerin und Songwriterin mit der klassischen Ausbildung. Reena Bhardwaj, eine in England geborene Sängerin von Bollywood-Soundtracks. Aruba Red, britische Dancehall-Hoffnung und Schwester von Cream-Bassist Jack Bruce. Ehrwürdige pakistanische Volkssänger wie Faheem Mazhar und junge Soulsängerinnen wie Tina Grace und Roxanne Tataei. Mit diesen Stimmen bringt Sawhney die Vielfalt der ethnisch diversifiziertesten Metropole der Welt zum Klingen. Und als Bonus gibt es die Stimme von Paul McCartney, dessen Song My Soul zeigt, wie London Undersound funktioniert: als vertontes Kollektivbewusstsein einer Stadt im Umbruch.
Mal ein wenig Lounge-Feeling, ab und zu Fahrstuhl-Eindrücke, Bollywood blickt immer mal wieder um die Ecke, Trip-Hop á la Massive Attack ist auch dabei - musikalisch ist das zwar vielseitige aber sicher nicht schwer verdauliche Kost. Den Gegenpol dazu stellt das Thema dieses Konzeptalbums dar: Die Stimmung in London nach den Bombenanschlägen im Jahr 2005.
Ein Album, welches tatsächlich "London" beschreiben sollte (besonders nach den Attentaten), müsste m. E. hektischer sein, aber vielleicht ist das Leben in London für einen Musiker mit indischen Wurzeln ja eine entspannte Sache.
Der Guardian findet dazu aber versöhnliche Worte:
Compared to other recent albums that address the capital, such as the Bug's London Zoo and even Dusk + Blackdown's Margins Music, this is a record that goes about its business quietly. The chatter of modern culture might make such a response to 7/7 unfashionable, but such a thoughtful voice, and so deeply felt a record, shouldn't go unheeded.
Hier eine Live-Aufnahme des Songs "Distant dreams":