Ohio gilt im Gegensatz zu Lambchops Heimat Tennessee als einer der "swing states" bei der Wahl des US-Präsidenten, die ja nun endlich bald hinter uns liegen wird. "Swinging" ist Lambchops Musik eher selten, aber wenn sich alle Wähler solche Gedanken machen wie Lambchops Kurt Wagner, sollte man sich um das Wahlergebnis in Ohio keine Sorgen machen müssen.
Das aktuelle Album "OH (Ohio)" wurde u. a. in Form einer Beilage zum Rolling Stone unters Volk gebracht. Über den kommerziellen Sinn oder Unsinn dieser Aktion habe nichts eindeutiges gehört, aber dieses Album verdient m. E. eine breite Hörerschaft und vielleicht klappt es ja auf diesem Weg.
Lambchop dreht sich trotz vieler assoziierter Mitglieder im Kern um Kurt Wagner, einen ehemaligen Parkettleger. Zehn Alben hat er schon auf dem Buckel, aber die Bodenhaftung seines ursprünglichen Berufs hat er im Rahmen seiner Karriere nicht verloren und handwerklich sauber gemacht ist seine Musik auch. Für mich klingt er oft nach einer "altersmilden" und countryfizierten Version der Eels. Auch die Tindersticks und Leonard Cohen tauchen als Referenzen auf.
Während einige Quellen der Band Stillstand bescheinigen:
Ten albums into a 22-year career and Nashville alt country collective Lambchop are sounding increasingly like a band with diminishing returns. They're stuck on repeat and waiting for the odd wave of critical recognition to wash over them. (www.bbc.co.uk)
sieht Plattentests eine Entwicklung:
Überall dazwischen: Wagners immer noch prachtvoll anklingende Stimme, mit seinem unverwechselbaren, wispernden Sprechgesang, der mit seinen kryptischen Texten zur Selbsttherapie aufruft. Lambchop lassen sich mit "OH (Ohio)" treiben und gehen mehr als nur den einen bestimmten Weg. Wenn auch nicht so zwingend und konzentriert wie zu ihren besten Zeiten, probieren sie sich aus in ihrem neuen, abgespeckten Korsett. Stillstand und Eintönigkeit haben auch in Lambchops neuer Unaufgeregtheit keine Chance.
Mein aktueller Lieblingssong des Album ist "Sharing a Gibson with Martin Luther King Jr". "OH (Ohio)" ist m. E. ein Album, welches durchaus einen schönen Spätsommer verdient gehabt hätte, aber auch an trüben Herbst- und launischen Wintertagen funktionieren sollte.
NPR bietet ein sehens- und hörenswertes "Tiny Desk Concert" mit Kurt Wagner.