Am dritten Festivaltag stand ich pünktlich zum Einlass um 10 Uhr in der Schlange am Festivalgelände. Für den Workshop "Speak Up" konnte ich vorab keinen Platz mehr reservieren, daher hoffte ich auf die Plätze, die erst kurz vor Workshopbeginn vergeben werden. Der Workshop war eine unterhaltsame Mischung aus Gruppenspielen sowie Körper- und Stimmübungen.
Nach dem Workshop schaute ich mir noch den Vortrag "Wälder im Wandel" an und lernte dabei einiges über die Entwicklung der Wälder.
Um 13 Uhr strömten die Besucher zum Zeltraum. Lüneburg liegt bekanntlich unweit von Hamburg und in Hamburg erfolgreiche Künstler haben es bei "A Summer's Tale" leicht. Heinz Strunk las aus seinem neuen Buch "Jürgen". Darin beschreibt er die Lebensweise des "White trash" in Deutschland. Der satirische Blick auf das Leben des Jürgen Dose und seines Kumpels Bernd Würmer brachte mich an einigen Stellen zum Lachen. Die Atmosphäre des Buchs brachte Strunk m. E. gut rüber, auch dank der Verkleidung auf der Bühne.
Vorher:
Nachher:
Mit Querflöte:
Die Geschichte an sich klang nicht so spannend, dass "Jürgen" oben auf meiner Leseliste landen wird. Aber für etwas Unterhaltung zwischendurch werde ich sie im Hinterkopf haben.
In Ermangelung von Alternativen schaute ich noch bei "Unter meinem Bett" vorbei. Unter diesem Label machen deutsche Singer/Songwriter Lieder für Kinder. Interessanterweise unterschied sich Bernd Begemanns Auftritt vor diesem jungen Publikum nicht wesentlich von dem am Eröffnungstag vor "Erwachsenen". Bernd Begemann ist halt Bernd Begemann.
Musikalisch ernst wurde es danach mit Get Well Soon. Die Band um Konstantin Gropper konnte mich in der Vergangenheit nicht komplett überzeugen und daran änderte auch dieser Auftritt nichts. Einige der Songs des aktuellen Albums "Love" ("It's love" und "Marienbad") gefallen mir und diese waren aus meiner Sicht auch die Höhepunkte des Sets. Den Titel "It's a catalogue" nahm Gropper zum Anlass, das "A Summer's Tale"-Festival mit einem Club Med-Katalog zu vergleichen. Die relaxte Atmosphäre zu diesem Zeitpunkt passte auch wirklich zu den überwiegend harmlosen Songs.
Zwecks Nahrungsaufnahme musste ich meinen Besuch bei Dear Reader kurz halten, aber sympathisch wirkte die Band auf jeden Fall.
Mit Conor Oberst trat anschließend einer der Musiker auf, auf dessen Auftritt ich gespannt war. Oberst / Bright Eyes verfügen über eine solide Fanbasis und einige seiner Songs sind unumstritten toll. Das Set an diesem Tag war sehr country-lastig und konnte mich nicht von der Seitentribühne reißen.
Auch die Radiohörer wurden an diesem Festivaltag bedacht. Birdy lieferte charmant ihre Songs ab und passte gut ins Nachmittagsprogramm.
Nach einem musikalisch entspannten Nachmittag brachten The Notwist den Wendepunkt des Tages. Die Herren aus Weilheim spielen bereits seit Jahren in einer eigenen Liga, ach was, in einem eigenen Klangkosmus, und diesen Status unterstrichen sie mehr als eindrucksvoll an diesem Abend. Stellenweise erreichte die Band hypnotische Sphären während ihres Sets. Das Publikum im Zeltraum war begeistert. Ich auch.
Da The Notwist während ihres Improvisationswahns die Zeit etwas aus dem Auge verloren hatten, galt es nun, schnell vom Zeltraum zur Konzertbühne zu wechseln, den dort trat eine Band auf, die ich zuletzt im Jahr 2005 gesehen habe (in Stockholm mit der Vorgruppe Arctic Monkeys!). Die Alben der letzten Jahre rissen mich nicht mehr so vom Hocker wie das Debüt, aber der Abend zeigte, dass die Glasgower über die Jahre doch viele Hits oder zumindest starke Songs angesammelt haben. Schon der Soundcheck früher am Tag hatte mir Lust auf diesen Auftritt gemacht. Er musikalisch absolut überzeugend und übertraf meine Erwartungen. Alex Kapranos' Selbstherrlichkeit hingegen dämpfte den guten Eindrucks des Auftritts. Falls es lustig sein sollte, war es übertrieben. Falls er es ernst meinte, war es bedenklich. Ich hoffe, man kann es auf seine Medikation schieben. Die beiden neuen Bandmitglieder Julian Corrie und Dino Bardot fügten sich erkennbar gut ins Bandgefüge ein. Vor allem Corries kurze Abstecher mit der Gitarre an den Bühnenrand und dann schnell wieder ans Keyboard brachten neben Kapranos Gesten etwas Abwechslung auf die Bühne.