Ja, vor meinem Anflug von Selbstverstümmlung hatte ich schon was vorbereitet, so viel hätte ich aktuell nicht tippen wollen...
Nun steht das dritte Album mit dem für Kettcar-Verhältnisse ungewohnt kurzen Namen "Sylt" in den Läden. Aber auch einem kurzen Albumtitel bietet Raum für Interpretationen, hier versuchte sich cdstarts.de:
Hoffnungslos gestrandet! Auf einem Stück Land inmitten der Nordsee, das ständig der Gefahr ausgesetzt ist auseinander zu brechen. Ein sinnbildlicheres Fleckchen Erde hätten Kettcar für Ihr gleichnamiges drittes Album wirklich nicht ansteuern können. Denn „Sylt“ ist nicht nur Sonne, Strand und Westerland, sondern steht auch für Ignoranz, Egoismus, Übermaß und den allgegenwärtigen, Hummerknackenden und Sektschlürfenden Wolf im gesellschaftlichen Schafspelz. Wir schreiben das Jahr 2008. Der Typ vom Balkon sieht genauso bitter aus wie vor sechs Jahren. Der Rasierer ist wahrscheinlich immer noch kaputt und die Ränder unter den Augen haben sich indes vervielfacht. An seinen 30ten Geburtstag kann er sich mittlerweile erst recht nicht mehr erinnern und es scheint als habe er sich endgültig mit dem tristen Grau seines darwinistischen Alltags abgefunden. Damit, dass er mittlerweile zu alt ist Bierflaschen zu schmeißen, Flugblätter zu verteilen und Häuser zu besetzen. Heute hat er Kinder, eine multifunktionale Einbauküche von Ikea in Burgunderrot und lenkt einmal die Woche seinen geleasten Familien-Kombi durch die Waschanlage. Aber tief drinnen brodelt es noch gewaltig.
Grand Hotel van Cleef wurde u. a. gegründet, weil man kein anderes Label für die Veröffentlichung des Debütalbums finden konnte. 2008 dürfte das Label mit der Veröffentlichung von "Sylt" und Tomtes neuem Werk im Herbst seine Daseinsberechtigung mal wieder mehr als eindrucksvoll unter Beweis stellen. Und eine solche hat auch "Sylt" an sich (also die Platte, nicht die Insel):
„Sylt“ ist eine realistische und daher mitunter düstere Chronik. Den einen wird die Würde genommen („Geringfügig, befristet, raus“, „Würde“), die anderen verzichten freiwillig darauf („Graceland“, „Kein Außen mehr“). Romantik und Gemütlichkeit kriegen hier die Tür vor die Nase. Das ist nur konsequent, denn was hätte auch noch kommen sollen, nach „Balu“, nach „Nacht“, nach „48 Stunden“? Und selbst wenn mal der Mikrokosmos, das kleine Leben, betrachtet wird wie in „Am Tisch“, „Wir müssen das nicht tun“ oder „Verraten“, – die Pointen sind böse, der Rahmen ist bitter, die Haltung ist aufrecht. (Ingo Neumayer auf ghvc.de)
Eine schöne Überraschung finde ich den Auftritt Niels Freverts im Song "Am Tisch".
Hier das Video zur ersten Single "Graceland":
Die Deluxe-Edition kommt mit einer DVD (Filmsequenzen inkl. liebevoll animierter Spiele) und einem Postergutschein, der sich auf der Tour einlösen lässt. Die Termine finden sich auf der Website der Band.
iTunes bietet einen Bonustrack, den es vernüftigerweise auch ohne dortigen Bezug des kompletten Albums gibt.