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Montag, 15. Dezember 2025

Konzert aus der Konserve: The Cure - The show of a lost world


 













Ein komfortabler Weg, ein The Cure-Konzert zu erleben. 

Bis auf "Stop making sense" hatte ich bislang keinen Konzertfilm im Kino gesehen. Von The Cure-Konzerten wusste ich, dass sie seeehr laaange dauern können. "Songs of a lost world" hatte mich letztes Jahr umgehauen, daher war der Gedanke, ein Konzert der Band zu besuchen, nicht mehr ganz so abschreckend. Doch dann ergab sich für mich Chance, das vor gut einem Jahr im Londoner Troxy aufgezeichnete Konzert im Kino zu sehen. 

Dieses bot zum Einstieg das komplette "Songs of a lost world"-Album. Anschließend wurde eine Salve Hits abgefeuert, bevor das vor 45 Jahren erschiene Album "Seventeen seconds" mit fünf Songs zelebriert wurde. Abgerundet wurde die über 2,5 stündige Show mit einem weiteren Block von Hits der Band. 

"The show of a lost world" hat mir The Cure noch einmal ein ganzes Stück näher gebracht. Neben Robert Smith' Bühnenpräsenz fiel vor allem der für einen Bassisten ungewöhnlich geltungsbedürftige Simon Gallup auf. Die poppigen Titel störten für mich etwas die Atmosphäre, doch anderen Kinobesucher feierten diese lautstark. Es war mit trotzdem eine Genugtuung, dass "Friday I'm in love" von der Band etwas verbockt wurde. 

Neben meinen Favoriten aus dem "Songs of a lost world"-Block gefielen mir "From the edge of the deep green sea" und "Why can't I be you?" besonders gut. 

Für mich überraschend und erfreulich: So ein wenig stellte sich auf eine Konzertatmosphäre ein: Es waren Fans versammelt, die der Leinwand Applaus spendierten und einige Kinobesucher versorgten sich so oft mit Getränken, dass deren Stimmung über die Zeit merklich gelöster wurde. Die Kinovorführung war eine einmalige Sache, bis sie irgendwann wiederholt wird. ;-) Bis dahin gibt es das Konzert auf DVD und Bluray. 

 

Montag, 1. Dezember 2025

Musik: Car Seat Headrest - The scholars




Rock-Oper aus der Indiegarage

Seit Will Toledo (33 Jahre, 13 Alben!) sein Schlafzimmer-Projekt Car Seat Headrest in eine richtige Band verwandelte, steht die Frage im Raum: Wie geht es weiter mit der Teenage Angst, wenn man selbst kein Teenager mehr ist? Fünf Jahre nach dem letzten Album "Making a door less open" (COVID-19 und Folgeerkrankungen haben Toledo arg erwischt) liefert er nun die Antwort: "The scholars" ist eine Rock-Oper, ein konzeptuelles Epos, das sich über mehr als 70 Minuten Laufzeit ausbreitet und sich an einem fiktiven Universitäts-Campus ("Parnassus University") abspielt. Aus Teenage Angst wird also College-Leben. 

Die Platte teilt sich klar in zwei Hälften: Der erste Akt präsentiert sich noch relativ zugänglich und liefert den leicht verschrobenen Indierock mit den eingängigen Riffs und der lyrischen Dichte, für die Car Seat Headrest bekannt sind. Mit dem Ende des ersten Teils wird der Hörer allerdings in die großformatige, theatralische Odyssee des zweiten Akts katapultiert. Hier, wo die Songs wie "Gethsemane" oder das fast 19-minütige "Planet Desperation" die Elf-Minuten-Marke locker knacken, wird klar, dass Toledo den großen Wurf gewagt hat. 

Der Sound ist dabei breiter und ausgereifter als je zuvor. Die Lo-Fi-Ästhetik früherer Tage weicht einer opulenten Produktion, die sich vor Classic Rock-Vorbildern nicht verstecken muss. Die Bandbreite reicht von melancholischen, fast gotischen Passagen über dissonante Keyboard-Einlagen bis hin zu feurigen, schweißtreibenden Gitarren-Soli. Die Synths sind subtiler eingesetzt als auf dem Vorgänger, eher als atmosphärische Textur im Hintergrund. Die längeren Stücke sind dabei keine bloßen Aneinanderreihungen von Songideen, sondern organisch wachsende Mini-Suiten, die ständig neue Facetten offenbaren.

"The scholars" ist kühn, selbstbewusst, stellenweise unbequem und vielleicht auch an der einen oder anderen Stelle überladen. Aber für mich ist es außerdem eines der Alben des Jahres. Toledo beweist, dass er der Garage entwachsen ist. Ich bin gespannt, wohin es ihn nach dem "College" verschlägt. 

Das tolle Video zu "CCF (I'm Gonna Stay With You)":


Der Song "Gethsemane" verdient das Attribut "Rock-Oper":


"The scholars" ist:

Sonntag, 30. November 2025

Musik: These New Puritans - Crooked wing

 


Hat da jemand "Talk Talk" gesagt?

Sechs Jahre Funkstille und dann das: Ein Album, das klingt, als hätten Jack und George Barnett beschlossen, die Kirchenorgel aus dem Dorf ihrer Kindheit in ein futuristisches Klanglabor zu schleppen. Das fünfte Album des Duos aus Essex kein Werk für den schnellen Konsum, sondern ein Ritual: zehn Stücke, die zwischen sakraler Erhabenheit und industrieller Kälte pendeln. Wer hier einen Refrain sucht, darf gleich wieder gehen, denn die Barnetts schreiben lieber Kapitel als Songs.

Der Einstieg mit "Waiting" eine Einladung ins Halbdunkel: Sopran, Orgel, Glocken... Kate Bushs „50 Words for Snow“ lässt grüßen, nur mit mehr gotischem Ernst. Danach läuten die Glocken buchstäblich: "Bells" sich sieben Minuten lang wie ein Prozessionszug durch vibrierende Klangflächen, bevor Jack Barnett seine Stimme erhebt – irgendwo zwischen Mark Hollis und einem Mönch, der zu viel Dark Wave gehört hat.



Das Herzstück? Vielleicht "Industrial love song", ein Duett mit Caroline Polachek, das so innig beginnt, dass man fast vergisst, dass es eigentlich von verliebten Baukränen handelt. Zuvor wird es mit "A season in hell" (aktuell mein Lieblingssong auf dem Album, vermutlich weil er mich an das von mir verehrte "We want war") düster, während "Wild fields" (mag ich auch gerne) den Soundtrack für den Moment liefert, in dem im Horrorfilm das Licht ausgeht. Und ja, das Titelstück klingt tatsächlich wie Talk Talk auf einer Messe in einer englischen Landkirche.



Klar, nicht alles sitzt perfekt: Der Mittelteil mäandert gelegentlich ziellos, und manche Stücke wirken wie Skizzen für einen nie gedrehten Arthouse-Film. Aber das gehört zum Konzept: „Crooked Wing“ ist weniger Album als Zustand – irgendwo zwischen Ambient, Art-Rock und einer sehr britischen Form von Größenwahn. Wer Radiohead, Steve Reich oder Xiu Xiu mag, wird sich hier wohlfühlen. Alle anderen sollten sich warm anziehen, aber These New Puritans haben ihre Hörer ja noch nie schonen wollen. 

"Crooked wing" ist:


Donnerstag, 20. November 2025

R.I.P. Mani


 

Mittwoch, 20. August 2025

Montag, 4. August 2025

Buch: Ragnar Jónasson - Hulda


Nun doch wieder Hulda statt Helgi. 

Mit „Hulda“ legt Ragnar Jónasson einen weiteren Band seiner erfolgreichen Thriller-Reihe vor und diesmal geht es zurück zu den Anfängen. Wer die bisherigen Romane kennt, wird überrascht sein: Er setzt damit erst einmal die mit "Frost" eingeleitete Hulda-Helgi-Serie weiter. Statt dessen ist "Hulda" ein Prequel und zeigt die Ermittlerin Hulda Hermannsdóttir als junge Frau, lange bevor sie zur erfahrenen Kommissarin wurde, die in den anderen Bänden agierte. 

Island, 1980. Hulda ist 33 Jahre alt, ihre Tochter Dimma noch ein Kind, ihr Ehemann Jon kaum präsent – weder körperlich noch emotional. In einer Zeit, in der Frauen bei der Polizei noch Exoten sind, bekommt Hulda ihren ersten eigenen Fall: Ein Junge verschwand zwanzig Jahre zuvor spurlos aus dem Elternhaus. Nun taucht in einer abgelegenen Hütte ein Teddybär auf – das Lieblingsspielzeug des vermissten Kindes. Ein Hinweis, der endlich Licht ins Dunkel bringen könnte.

Gemeinsam mit einer jungen Kollegin wird Hulda in den Norden Islands geschickt – in eine Region, die geprägt ist von Einsamkeit, rauer Natur und verschlossenen Menschen. Die Ermittlungen verlaufen langsam, fast gemächlich. Gespräche mit den wenigen Bewohnern bringen kaum greifbare Ergebnisse, doch Jónasson gelingt es, aus diesen leisen Momenten eine dichte Atmosphäre zu weben. Es sind die kleinen Details, die zählen – die Andeutungen, das Schweigen, die Blicke.

Die Landschaft spielt dabei fast eine Hauptrolle: karg, still, geheimnisvoll. Man spürt die Kälte, die Isolation, aber auch die tiefe Verbundenheit der Menschen mit ihrer Umgebung. Jónasson erzählt nicht nur einen Kriminalfall, sondern zeichnet ein sensibles Porträt einer Gesellschaft im Wandel und einer Frau, die sich ihren Platz darin erkämpfen muss.

„Hulda“ ist ein Roman, den man auch ohne Vorkenntnisse der Reihe lesen kann. Wer die späteren Bände kennt, wird jedoch viele Nuancen entdecken, die Hulda als Figur noch greifbarer machen. Ein stiller, atmosphärischer Thriller, der weniger auf Action setzt als auf psychologische Tiefe und landschaftliche Dichte. 

Ich bin mir unsicher, ob es ein Stilmittel des Autors ist oder ob "Hulda" aus anderen Gründen so geraten ist: Die Geschichte wirkt "einfacher", vielleicht naiver und spiegelt so eben auch die noch unerfahrenere Hulda wider. Kleinste gemeinsame Nenner mit "Dunkel", "Inselund "Nebel" sind Reisen in die Vergangenheit und ein unfassbar cremiger Lesefluss.  

Freitag, 25. Juli 2025

Vorfreude: Boo Boos - Total thunder

Die "soulige" Kate Mattison und der schrullige Mark Oliver Everett der Eels haben musikalisch zueinander gefunden. Das Album "Young love" ist für den 19.09. angekündigt. Der Song "Total thunder" macht mir richtig Lust darauf:



Mittwoch, 23. Juli 2025

Früher liefen solche Sachen im Musikfernsehen: Ash - Give me back my world

Ein Lebenszeichen von Ash! Hier der neue Song "Give me back my world", am 03.10. folgt das Album "Ad Astra".



Montag, 21. Juli 2025

Konzert: Loch Lomond in Ursulas und Dirks Wohnzimmer in Montabaur, 07.07.2025


Statt Massive Attack - eine gute Entscheidung. 

Der Bonner Kunstrasen bietet dieses Jahr ein tolle Programm. Als ich den Auftritt Massive Attacks bei den Konzertprofis Ursula und Dirk anmelden wollte, wurde meine Begeisterung gedämpft: Für den gleichen Tag planten die beiden eines ihrer Wohnzimmerkonzerte. Nur kurz zögerte ich, bis ich mich für das Wohnzimmerkonzert (der Künstler / die Band wurde noch nicht verraten) statt für die Band aus Bristol entschied. 

Ich wurde doppelt bis dreifach belohnt:

1. Der Hauptact in Montabaur war Loch Lomond, die Band um Ritchie Young, die mich fort bereits 2018 und 2019 begeisterten. 


2. Als Support traten zusätzlich Completions auf. Das Bandprojekt von Shawn Alpay kannte ich bislang nicht. Aber in Vorbereitung auf den Abend lernte einige der Songs schätzen und lieben. Mit seinem Cello begleitete er u. a. schon Sleater-Kinney. 



3. Aus irgendwelchen Gründen wurde das Massive Attack-Konzert kurzfristig abgesagt. Ich hoffe, es lag nicht an mir. 

Bei diesem dritten Konzert beeindruckten mich Ritchie Young und seine Begleitung noch mehr als in der Vergangenheit: Unfassbar sympathische und nahbare Menschen, die mit Harmonien verzaubern. Besonders toll klang für mich das McCartney-Cover "Waterfalls" an diesem Abend. Mit Brooke Parrott und Rebecca Sanborn hatte er begnadete Musikerinnen an seiner Seite und die drei Wochen Europatour mit Kleinkind waren für die "Reisegruppe" zweifellos ein tolles Erlebnis. 


ALLE weiteren Infos gibt es direkt bei Ursula.

Die Setlist:

  • Violins and tea
  • Ghost of an earthworm
  • We are the same 
  • Small hearts
  • Field report
  • Driving gloves 
  • Waterfalls (Paul McCartney-Cover)
  • Bird and a bear 

  • Blood bank 
  • Lost vampire 
  • Elephants & little girls  
  • Wax & wire
  • Ten pounds of pennies
  • Egg song