Die besten Geschichten schreibt das Leben. Und ich schreibe mit.

Montag, 4. August 2025

Buch: Ragnar Jónasson - Hulda


Nun doch wieder Hulda statt Helgi. 

Mit „Hulda“ legt Ragnar Jónasson einen weiteren Band seiner erfolgreichen Thriller-Reihe vor und diesmal geht es zurück zu den Anfängen. Wer die bisherigen Romane kennt, wird überrascht sein: Er setzt damit erst einmal die mit "Frost" eingeleitete Hulda-Helgi-Serie weiter. Statt dessen ist "Hulda" ein Prequel und zeigt die Ermittlerin Hulda Hermannsdóttir als junge Frau, lange bevor sie zur erfahrenen Kommissarin wurde, die in den anderen Bänden agierte. 

Island, 1980. Hulda ist 33 Jahre alt, ihre Tochter Dimma noch ein Kind, ihr Ehemann Jon kaum präsent – weder körperlich noch emotional. In einer Zeit, in der Frauen bei der Polizei noch Exoten sind, bekommt Hulda ihren ersten eigenen Fall: Ein Junge verschwand zwanzig Jahre zuvor spurlos aus dem Elternhaus. Nun taucht in einer abgelegenen Hütte ein Teddybär auf – das Lieblingsspielzeug des vermissten Kindes. Ein Hinweis, der endlich Licht ins Dunkel bringen könnte.

Gemeinsam mit einer jungen Kollegin wird Hulda in den Norden Islands geschickt – in eine Region, die geprägt ist von Einsamkeit, rauer Natur und verschlossenen Menschen. Die Ermittlungen verlaufen langsam, fast gemächlich. Gespräche mit den wenigen Bewohnern bringen kaum greifbare Ergebnisse, doch Jónasson gelingt es, aus diesen leisen Momenten eine dichte Atmosphäre zu weben. Es sind die kleinen Details, die zählen – die Andeutungen, das Schweigen, die Blicke.

Die Landschaft spielt dabei fast eine Hauptrolle: karg, still, geheimnisvoll. Man spürt die Kälte, die Isolation, aber auch die tiefe Verbundenheit der Menschen mit ihrer Umgebung. Jónasson erzählt nicht nur einen Kriminalfall, sondern zeichnet ein sensibles Porträt einer Gesellschaft im Wandel und einer Frau, die sich ihren Platz darin erkämpfen muss.

„Hulda“ ist ein Roman, den man auch ohne Vorkenntnisse der Reihe lesen kann. Wer die späteren Bände kennt, wird jedoch viele Nuancen entdecken, die Hulda als Figur noch greifbarer machen. Ein stiller, atmosphärischer Thriller, der weniger auf Action setzt als auf psychologische Tiefe und landschaftliche Dichte. 

Ich bin mir unsicher, ob es ein Stilmittel des Autors ist oder ob "Hulda" aus anderen Gründen so geraten ist: Die Geschichte wirkt "einfacher", vielleicht naiver und spiegelt so eben auch die noch unerfahrenere Hulda wider. Kleinste gemeinsame Nenner mit "Dunkel", "Inselund "Nebel" sind Reisen in die Vergangenheit und ein unfassbar cremiger Lesefluss.  

Freitag, 25. Juli 2025

Vorfreude: Boo Boos - Total thunder

Die "soulige" Kate Mattison und der schrullige Mark Oliver Everett der Eels haben musikalisch zueinander gefunden. Das Album "Young love" ist für den 19.09. angekündigt. Der Song "Total thunder" macht mir richtig Lust darauf:



Mittwoch, 23. Juli 2025

Früher liefen solche Sachen im Musikfernsehen: Ash - Give me back my world

Ein Lebenszeichen von Ash! Hier der neue Song "Give me back my world", am 03.10. folgt das Album "Ad Astra".



Montag, 21. Juli 2025

Konzert: Loch Lomond in Ursulas und Dirks Wohnzimmer in Montabaur, 07.07.2025


Statt Massive Attack - eine gute Entscheidung. 

Der Bonner Kunstrasen bietet dieses Jahr ein tolle Programm. Als ich den Auftritt Massive Attacks bei den Konzertprofis Ursula und Dirk anmelden wollte, wurde meine Begeisterung gedämpft: Für den gleichen Tag planten die beiden eines ihrer Wohnzimmerkonzerte. Nur kurz zögerte ich, bis ich mich für das Wohnzimmerkonzert (der Künstler / die Band wurde noch nicht verraten) statt für die Band aus Bristol entschied. 

Ich wurde doppelt bis dreifach belohnt:

1. Der Hauptact in Montabaur war Loch Lomond, die Band um Ritchie Young, die mich fort bereits 2018 und 2019 begeisterten. 


2. Als Support traten zusätzlich Completions auf. Das Bandprojekt von Shawn Alpay kannte ich bislang nicht. Aber in Vorbereitung auf den Abend lernte einige der Songs schätzen und lieben. Mit seinem Cello begleitete er u. a. schon Sleater-Kinney. 



3. Aus irgendwelchen Gründen wurde das Massive Attack-Konzert kurzfristig abgesagt. Ich hoffe, es lag nicht an mir. 

Bei diesem dritten Konzert beeindruckten mich Ritchie Young und seine Begleitung noch mehr als in der Vergangenheit: Unfassbar sympathische und nahbare Menschen, die mit Harmonien verzaubern. Besonders toll klang für mich das McCartney-Cover "Waterfalls" an diesem Abend. Mit Brooke Parrott und Rebecca Sanborn hatte er begnadete Musikerinnen an seiner Seite und die drei Wochen Europatour mit Kleinkind waren für die "Reisegruppe" zweifellos ein tolles Erlebnis. 


ALLE weiteren Infos gibt es direkt bei Ursula.

Die Setlist:

  • Violins and tea
  • Ghost of an earthworm
  • We are the same 
  • Small hearts
  • Field report
  • Driving gloves 
  • Waterfalls (Paul McCartney-Cover)
  • Bird and a bear 

  • Blood bank 
  • Lost vampire 
  • Elephants & little girls  
  • Wax & wire
  • Ten pounds of pennies
  • Egg song

Montag, 7. Juli 2025

Früher liefen solche Sachen im Musikfernsehen: Of Monsters and Men - Television love

"Little talks" ist auch nach über fast fünfzehn Jahren noch ein Hit. Das letzte Album der Band erschien im Jahr 2019. Da wird es doch Zeit für neues Material. Hier die Single "Television love":


So verbringt man also Sommerabende in Island. 

Samstag, 5. Juli 2025

Musik: Big Special - National average


 


Von wegen "Durchschnitt". 

Mit ihrem Debüt „Postindustrial Hometown Blues“ haben Big Special im vergangenen Jahr eine Schneise durch die britische Musiklandschaft geschlagen – irgendwo zwischen Wut, Working-Class-Poetry und Post-Punk. Nun legten sie unangekündigt mit „National Average“ nach und liefern ein Album, welches dem Vorgänger nicht nachsteht. 

Schon der Opener macht klar: Big Special bleiben laut, bleiben politisch, bleiben poetisch. Doch diesmal ist da mehr Raum für Melodie, für Nachdenklichkeit, für Zwischentöne. Die Produktion ist klarer, die Arrangements mutiger, die Texte noch immer voller Dringlichkeit. Und die Wut und das Engagement des Duos ist jederzeit spürbar. 

Besonders herausragend ist „Get Back Safe“. Ein Song, der sich wie eine Umarmung anfühlt in einer Welt, die oft nur mit den Fäusten spricht. Hier zeigt sich die Band von ihrer verletzlichen Seite, ohne an Kraft zu verlieren. Weitere Highlights des Albums sind "The mess", "Yes boss", "Shop music" und "Domestic bliss".

Und während „National Average“ neue Wege geht, bleibt auch Platz für Rückbezüge: „Black Dog/White Horse“, ursprünglich auf dem Debütalbum erschienen, hallt nach wie vor nach – für mich einer der Hits des Jahres 2024. 

„National Average“ ist kein einfaches Album. Es ist ein Album, das fordert – aber auch belohnt. Es ist wütend, zärtlich, politisch, poetisch. Und es zeigt: Big Special sind gekommen, um zu bleiben. Innerhalb eines Jahres ist die Band bereits merklich gereift und hat dabei an nachhaltiger Wucht gewonnen. 


Im Herbst in Deutschland:

  • 18.09. Hamburg (Reeperbahn Festival)
  • 15.10. Hannover
  • 16.10. Berlin
  • 25.10. München
  • 28.10. Köln
"National average" ist keinesfalls durchschnittlich und


Montag, 19. Mai 2025

Früher liefen solche Sachen im Musikfernsehen: Fury In The Slaughterhouse - Sorrowland

Während meiner Zeit in Hannover führte eine meiner Jogging-Strecken entlang des Ihme-Zentrums. Üblicherweise war das immer mein schnellster Streckenabschnitt. Endlich gibt es ein in diesem architektonischem Kleinod gefilmtes Video. Es passt m. E. perfekt zum Titel des neuen Fury-Songs:

Montag, 5. Mai 2025

Buch: Kenji Ueda - Der kleine Laden des Herrn Takarada



Ein Buch wie das Land Japan: Fremdartig bezaubernd.

Herr Takarada betreibt einen unscheinbaren Laden in einer ruhigen Ecke Tokios. Was genau dort verkauft wird, bleibt vage, aber das ist auch nicht wichtig. Denn wer diesen Laden betritt, sucht selten etwas Konkretes, sondern eher Trost, Orientierung oder einfach einen Moment der Ruhe.

Kenji Ueda erzählt in "Der kleine Laden des Herrn Takarada" mit einer stillen Eleganz, die man nicht oft findet. Die Figuren, die in Herrn Takaradas Laden auftauchen, tragen ihre Geschichten wie lose Fäden mit sich, und der Laden wird zum Ort, an dem sich manches entwirrt oder neu verknüpft. Es passiert nicht viel, und doch passiert alles. Die Sprache ist zurückhaltend, fast zart, aber nie kitschig. Man liest weiter, weil man sich wohlfühlt, nicht weil man wissen muss, wie es ausgeht.

Was das Buch so besonders macht, ist seine Gelassenheit. Es drängt sich nicht auf, es will nichts beweisen. Es ist einfach da, wie ein stiller Begleiter an einem Tag, an dem man nicht viel erwartet hat und dann doch etwas findet, das bleibt. Bei mir blieb die Lust, mal wieder auf Briefpapier einen Brief zu verfassen. Bislang blieb es allerdings bei der Lust...

Dienstag, 8. April 2025

Buch: Kester Schlenz, Jan Jepsen - Schlick


Mehr unterhaltsamer Krimi denn Thriller.

Es gibt Bücher, die liest man mit einem Glas Wein in der Hand. Und dann gibt es Bücher wie „Schlick“, bei denen man eher Gummistiefel braucht – oder zumindest ein gutes Gespür für norddeutschen Humor, Hafengeruch und menschliche Abgründe. Kürzlich verschlug es mich wieder nach Hamburg und meine Erlebnisse (keine Morde oder sonstigen kriminellen Handlungen, nur ein ausgedehnter Konzertbesuch) dort passten gut zur Stimmung dieser Lektüre. 

„Schlick“ ist der dritte Fall für Kommissar Knudsen und seine Kollegin Dörte, und wie schon in den Vorgängern geht es weniger um Hochglanz-Spannung als um das, was zwischen Ebbe und Flut so alles an Land gespült wird: Leichen, Lügen, Lokalpolitik. Der Fall beginnt mit einem Toten im Hafen und endet – natürlich – nicht dort. Dazwischen: ein Containerschiff, ein alter Lotse, eine Umweltdebatte, die sich gewaschen hat, und Dialoge, bei denen man manchmal nicht weiß, ob man lachen oder sich Sorgen machen soll.

Was das Buch so unterhaltsam macht, ist nicht nur der Kriminalfall (der solide, aber nicht spektakulär ist), sondern die Art, wie Schlenz und Jepsen erzählen: mit trockenem Witz, einem feinen Gespür für Milieus und Figuren. Besonders gelungen: die Balance zwischen Gesellschaftskritik und Küstencharme. Denn hier wird nicht nur ermittelt, sondern auch diskutiert – über Elbvertiefung, Klimawandel, und die Frage, wie viel Schlick eine Stadt eigentlich verträgt.