Die drei warmen Brüder im Hintergrund zwischen hohen Bäumen… das kann nur Hannover-Linden sein. Bereits zum vierten Mal wurde dort das BootBooHook veranstaltet und zum ersten Mal mit einem dritten Festivaltag.
Für mich begann der Freitag recht gemächlich mit Get Well Soon. Die von Tele-Sänger und Festivalansager Francesco Wilking in der Anmoderation versprochenen hypnotischen Effekte stellten sich bei mir zwar nicht ein, aber die Band um Konstantin Gropper lieferte ein engagiertes Set ab. Trotzdem kann ich die zum Teil auf die Band gesungenen Lobeshymnen noch immer nicht ganz nachvollziehen.
So schaut übrigens die Bühne aus, wenn man über zwei Helden-Schultern blickt:
Trotz einfacher Mittel riss mich Junips Auftritt mehr mit. José González’ Stimme zwingt einfach dazu, sich der Atmosphäre hinzugeben. Von sonstigen Singer/Songwritern (ja klar, Junip ist eine Band…) heben sich die Schweden durch den smarten Einsatz der Percussions ab. Das dafür verantwortliche Bandmitglied nutzt in mindestens jedem zweiten Song ein neues Utensil zwischen Saxophon und Wasserglas (auf dem Bild markiert, weil es bzw. die darauf erzeugten Geräusche so wunderbar den Song “Howl” aufwertet).
Das nahezu perfekte Wetter ließ mich nur selten eine der Nebenbühnen in geschlossenen Räumen aufsuchen. Doch bei einem meiner Ausflüge entdeckte ich die schwedische Band (überhaupt war Schweden recht gut auf dem BootBooHook vertreten) EF. Die vornehmlich instrumental dargebotenen Songs zwischen Sigur Rós und Mogwai. sowie die ansonsten kraftvoll rockige Bühnenpräsenz verleitete mit zum Kauf einer ihrer CDs. Ich werde berichten. Das Foto lässt die die eindeutig gebückte Körperhaltung der Seiteninstrumentespieler nur vermuten, aber immerhin leuchtet das Festivallogo im Hintergrund.
Der Headliner des ersten Abends waren schließlich Wir sind Helden. Mit ihrem Auftritt erinnerte mich die Band an die Begeisterung, die ich mal für sie empfand.
Die Setlist:
- Was uns beiden gehört
- Von hier an blind
- Ist das so?
- Gekommen um zu bleiben
- (Forever young als Zwischenspiel)
- The geek
- Die Ballade von Wolfgang und Brigitte
- Im Auge des Sturms
- Wenn es passiert
- Echolot
- 23.55: Alles auf Anfang
- Die Konkurrenz
- Müssen nur wollen (mit wirklich einfallsreichem “Once in a lifetime”-Part)
- Nur ein Wort (in der Nur ein “O”-Version für das BOOBOOHOOK und inklusive “These boots are made for walking”)
- Rüssel an Schwanz
- Aurélie
- Guten tag
- Zugabe: Denkmal (mit “D’yer mak’er”-Einlage)
Besonders gut gefielen mir die düstere Atmosphäre während “Echolot” und die zum Teil ausgelassenen Reaktionen des Publikums auf die Songs des Debütalbums. So kam etwas Wehmut auf, als Judith Holofernes eine erneute Ruhepause der Band (“der große Tanker fährt nun in eine wunderschöne Bucht und ihr müsst die Wartung übernehmen”) verkündete.
In den zweiten Festivaltag startete ich mit The Wire. In einem düsteren Club können diese wirklich alten Helden vielleicht noch ein Feuer entzünden. Auf der Bühne an diesem Nachmittag brannte da nichts außer der Sonne. Das aktuelle Album “Red barked tree” erzeugte im Vergleich mehr Energie, als ich es am Vormittag noch einmal aus der Konserve hörte.
Ein kleiner Ausflug zur “grünen Bühne” machte mich auf die Band Taxi Taxi! (aus Schweden…) aufmerksam. Auch diese verdient definitiv noch etwas Nachbereitung.
Nur ungern und im Nachhinein ungerechtfertigt verließ ich deren Konzert, um mir The New Pony Club anzuhören. Das ist dann wohl doch eher etwas für Kids, welche die 80er Jahre nacherleben möchten und nach den vornehmlich uninspirierten Songs nur noch nervig.
Ein unglaublich unterhaltsamer und energiegeladener Auftritt Art Bruts ließ dieses Erlebnis erfreulich schnell vergessen. Eddie Argos ist einfach ein Alleinunterhalter vor dem Herren und Art Brut bietet dafür eine gute Bühne. Argos selbst beschwerte sich über das Wetter, war ihm doch auf seinem bislang einzigen Sommerfestival mit Sonne eindeutig zu warm. Das Foto lässt erahnen, dass es wirklich nicht noch wärmer hätte werden dürfen. Ohne Hemd möchte man ihn nicht sehen müssen.
Die Aussicht auf Bands wir Frittenbude und Bonaparte ließ mich dann das Festival für diesen Tag für beendet erklären. Das was ich auf dem Balkon von den Konzerten noch mitbekam bestätigte mich in meinem Urteil.
Den Festivalsonntag stimmte für mich Timber Timbre ein. Live entfalteten die Blues-Balladen eine besondere Intensität, so dass ich mich nun noch einmal mit neuem Elan um das neue Album kümmern werde.
Joan As A Police Woman gefiel mir noch nie auf Platte und auf der Bühne noch weniger. Aber sie wirkte sympathisch, weil sie den Soundcheck persönlich vornahm. Das ist doch auch mal etwas.
Ich bin gespannt auf Thees Uhlmanns Album und entsprechend groß war meine Freude, als er und seine Band die Bühne betraten. Seine neuen Songs haben Melodien und Refrains und sie rocken live etwas mehr als mit Tomte. Ob die Titel auch “Seele” besitzen, kann ich noch nicht beurteilen. Und meine Hoffnung, dass vielleicht eine Woche vor Veröffentlichung bereits Thees Debütalbum verkauft würde, bewahrheitete sich leider nicht. Nach dem Konzert ist meine Erwartungshaltung etwas gedämpft, was dem Album nur helfen kann.
Grundsätzlich das das BootBooHook von den Rahmenbedingungen her ein entspanntes Festival. Die Ablaufzeiten wurden eingehalten, mir fielen keine unschönen Vorkommnisse auf und die Tagesprogramme waren gut aufeinander abgestimmt. Entsprechend konnte sich das insgesamt bunte Publikum jeweils mehr oder minder sortenrein versammeln (z. B. am vergleichsweise punkrocklastigen Samstagabend).
Erstaunt war ich, als erwachsene Menschen sah, die (ihre?) Kleinkinder in die erste Konzertreihe zerrten. Da helfen auch deren lustigen Ohrenschützer nicht mehr viel, denke ich. Es sei denn, man haut diese den Erziehungsberechtigten um die Ohren.