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Dienstag, 24. Dezember 2019

Buch: Hans-Joachim Noack - Die Weizsäckers. Eine deutsche Familie

























Interessante Einblicke in die Entwicklung der Bundesrepublik und einer Familie. 

Richard von Weizsäcker war der erste Bundespräsident, den ich bewusst wahrgenommen habe. Außerdem prangte seine Unterschrift auf meinen bei Sportfesten ("Bundesjugendspielen") erkämpften Urkunden und seiner berühmte Rede zum Jahrestag des Kriegsendes am 08.05.1985 durfte ich mich zu Schulzeiten widmen. Auch sein Bruder Carl Friedrich und dessen Wirken als Physiker und Philosoph waren mir ein Begriff. Dass die Familie aber bereits mehr als 150 Jahren in der Öffentlichkeit steht, war für mich eine neue Erkenntnis. "Die Weizäckers. Eine deutsche Familie" leistet diesbezüglich Aufklärungsarbeit. Der Autor Hans-Joachim Noack blickt auf eine Karriere als Reporter bei der Süddeutschen und Frankfurter Zeitung, als Ressortleiter beim Spiegel und auf erfolgreiche Kanzlerbiographien der beiden Kanzler-Helmuts und Willy Brandt zurück. 

Die Schilderungen in diesem Buch gehen zurück bis zur Ansiedlung eines als Müllter tätigen Urahnen in Schwaben im 18. Jahrhundert. Ca. 100 Jahre später hatten einige seiner Nachfahren bereits bedeutsame Posten inne. In der Politik fielen vor allem Karl Hugo von Weizsäcker als württembergischer Ministerpräsident und Ernst Heinrich von Weizsäcker auf. Letzterer war auch unter Hitler politisch aktiv. Der Bedeutung und Deutung seiner Handlungen in dieser Zeit wird in dem Buch verständlicherweise viel Raum eingeräumt. Ansonsten liegt der Schwerpunkt natürlich auf den Schilderungen der Entwicklungen rund um dessen berühmte Söhne Richard und Carl Friedrich. 

So zäh der Rückblick auf die ältere Vergangenheit für mich war, als so interessant empfand ich die Ausführungen ab der Nachkriegszeit. Die junge Bundesrepublik war politisch eine sehr spannende Zeit und die Weizäckers haben diese begleitet und zum Teil auch geprägt. Es scheint seine Gründe zu haben, dass Richard während eines Großteils seiner Amtszeiten hohe Anerkennung genoss. Viele seiner im Buch erwähnten Zitate oder Meinungen haben auch heute noch Gültigkeit, zumal er einige Entwicklungen vorausgesehen hat. Seine Kritik an regierenden Politikern (sein Verhältnis zu Helmut Kohl war gegen und nach Ende seiner aktiven Amtszeit gespannt) könnte man auch heute stellenweise anbringen. Vermutlich wird ein leicht verklärtes Bild von Richard von Weizsäcker vermittelt, aber Repräsentanten mit einem solchen Anspruch an Überparteilichkeit und Vermittlung zwischen Extremen könnte man heute gut gebrauchen. 

"Die Weizäckers. Eine deutsche Familie" wurde Ende September dieses Jahres veröffentlicht. Traurige Aktualität gewinnt das Buch, weil nur wenige Wochen danach Richard von Weizsäckers Sohn Fritz erstochen wurde, der als Teil der aktuellen Generation ebenfalls Erwähnung fand.