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Mittwoch, 21. April 2021

Buch: Juli Zeh - Über Menschen

 


"Unterleuten" unter dem Mikroskop. 

Juli Zehs Werk "Unterleuten" hatte mich 2016 begeistert. Selten habe ich ein Buch so vielen Menschen in meinem Umfeld ans Herz gelegt. Die Rückmeldungen waren durchweg positiv. Der Erfolg des Romans empfahl den Stoff für eine Filmversion. Diese lief 2020 im ZDF und darf m. E. ebenfalls als gelungen betrachtet werden. Die vielschichtige Handlung reichte sogar für drei Teile (über jeweils 90 Minuten), die zu keinem Zeitpunkt langweilig oder -atmig wirkten.  

Mit "Über Menschen" liefert Juli Zeh nun nach: Erneut dreht sich ein Roman um das Leben in einem ostdeutschen Dorf. Doch dieses mal erscheint die Geschichte wesentlich persönlicher und wie ein Ausschnitt aus "Unterleuten" unter dem Mikroskop. Zeh benötigt nur sieben Personen um ein Universum aus Gegensätzen aufzubauen. Da darf der Dorfnazi ebenso wenig fehlen wie das schwule Pärchen. 

Die Protagonistin Dora flüchtet genervt von ihrem Leben, ihrem Freund und Corona aus Berlin in ein Dorf in Brandenburg. Dort erlebt sie hautnah die "Erdung", welche dieser Orts- und Perspektivwechsel mit sich bringt. An ihren Eindrücken und durchaus auch ihrer Verwandlung demonstriert die Autorin im Zeitraffer die Unterschiede zwischen dem Leben in der Großstadt und auf dem ganz flachen Land. Aus anfänglich unüberwindbar erscheinenden Differenzen entwickeln sich Verständnis und sogar Sympathie. 

Wie bereits mit "Unterleuten" fesselte mich Zehs Erzählweise. Die gut 400 Seiten reichten kaum über das Wochenende hinaus. "Über Menschen" liefert lustige sowie traurige Momente und wirbt in beeindruckender Weise für gegenseitiges Verständnis und Offenheit. Neben Maja Lundes "Als die Welt stehen blieb" wird auch dieses Buch einen Platz in meinem Regal finden um "nach Corona" an die dann hoffentlich unglaublichen Situationen und Erfahrungen während der Pandemie zu erinnern.